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"Hetzjagd"-Streit auf Bundesebene angekommen

Tatort in Chemnitz
(Quelle: über dts Nachrichtenagentur)
GDN - Der Streit um die Frage, ob es in Chemnitz am vorvergangenen Sonntag zu "Hetzjagden" gekommen ist, ist auf der Bundesebene angekommen. Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) sagte am Mittwoch in einer Regierungserklärung im sächsischen Landtag: "Es gab keinen Mob, es gab keine Hetzjagd, es gab kein Pogrom in Chemnitz."
Damit kritisierte Kretschmer die Berichterstattung, aber gleichzeitig auch die Bundesregierung. Denn es war Regierungssprecher Steffen Seibert, der am Montag nach dem Tötungsdelikt erstmals von "Hetzjagden" in Chemnitz gesprochen hatte. Bundeskanzlerin Angela Merkel nahm ihren Sprecher am Mittwoch in Schutz: "Meine Reaktion ist, dass wir dort Bilder gesehen haben, die sehr klar Hass und damit auch Verfolgung von unschuldigen Menschen deutlich gemacht haben. Von denen muss man sich distanzieren. Das hat Herr Seibert gemacht. Das tue ich und das habe ich auch schon getan. Und damit ist alles gesagt", sagte die Kanzlerin. Von SPD und Grünen bekam Sachsens Ministerpräsident für seine Äußerung am Mittwoch teils heftige Kritik: "Wer das wie Herr Kretschmer nun macht, der hat sie nicht mehr alle", sagte der SPD-Vizevorsitzende Ralf Stegner der "Bild" (Donnerstagausgabe). Grünen-Chefin Annalena Baerbock sagte derselben Zeitung, Kretschmer setze "mit der Verharmlosung genau das Wegschauen fort, das zu Chemnitz geführt hat". Mangels Videobelegen ist noch immer nicht ganz klar, was am Sonntag vor einer Woche, wenige Stunden nach dem gewaltsamen Tod eines 35-Jährigen, tatsächlich in Chemnitz geschah. Der Chefredakteur der in Chemnitz ansässigen Lokalzeitung "Freie Presse", Torsten Kleditzsch, erklärte den Begriff "Hetzjagd" für die Ereignisse vom Sonntag für unzutreffend und sprach stattdessen von "Jagdszenen". Es habe aus der Demonstration heraus Angriffe auf Migranten, Linke und Polizisten gegeben. "So wurde Menschen über kurze Distanz nachgestellt", sagte er. "Eine "Hetzjagd", in dem Sinne, dass Menschen andere Menschen über längere Zeit und Distanz vor sich hertreiben, haben wir aber nicht beobachtet. Wir kennen auch kein Video, das solch eine Szene dokumentiert", so der Lokalzeitungs-Chefredakteur. Auslöser der Proteste war der gewaltsame Tod eines 35-Jährigen auf dem Chemnitzer Stadtfest am vorvergangenen Wochenende. Er war erstochen worden, zwei weitere Männer im Alter von 33 und 38 Jahren wurden schwer verletzt. Die Staatsanwaltschaft beantragte Haftbefehle gegen einen 23-jährigen Syrer und einen 22-jährigen Iraker, die genauen Umstände sind aber weiter unklar. Später am Tag war es dann zu ersten Protesten gekommen, auch im Laufe der nächsten Tage gab und gibt es immer wieder Demonstrationen, die meist entweder dem linken oder dem rechten Lager zuzuordnen sind.
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