Finanzen

Energiebranche warnt vor "föderalistischem Gezänk"

GDN - Die deutsche Energiebranche sieht einen Tag vor dem Energiegipfel der Ministerpräsidenten im Bundeskanzleramt Anzeichen für eine wachsende Reformbereitschaft. "Das Konsenspapier, mit dem die Bundesländer am Freitag in das Bundeskanzleramt gehen, ist besser, als man noch vor Kurzem erwarten konnte", schreibt Hildegard Müller, Chefin des Branchenverbandes BDEW, in einem Gastbeitrag für die Tageszeitung "Die Welt" (Freitagausgabe).
Nach Erkenntnissen des BDEW werden "die Länder der Kanzlerin wohl ihre Bereitschaft anbieten, ihre eigenen Ziele im Interesse einer gemeinsamen Lösung zu modifizieren", schreibt Müller. Bislang hatten die Länder eigene Ausbauziele für Ökostrom-Technologien verfolgt, die in ihrer Summe weit über die Planungen der Bundesregierung hinausreichen und das Problem fehlender Transportleitungen noch zu verstärken drohten. Die Bundesländer kämen offenbar auch "mit einem klaren Bekenntnis zur Offshore-Technologie", am Freitag ins Bundeskanzleramt, lobt die BDEW-Chefin in dem Beitrag für die "Welt". Der Bau von Windparks in Nord- und Ostsee war unter den Ministerpräsidenten lange umstritten, weil vor allem süddeutsche Bundesländer wie Bayern eine eigene Autarkie in der Stromversorgung anstreben und die Windstrom-Lieferungen aus Norddeutschland für verzichtbar erklärten. Zudem seien die Ministerpräsidenten bereit, "die Belastung der Unternehmen durch steigende Strompreise noch stärker in den Blick nehmen und die Kosten des Ausbaus auf ein verträgliches Maß begrenzen", schreibt Müller. Diese Ergebnisse im Konsenspapier der Bundesländer sei zwar "eine positive Überraschung" aus Sicht der Verbandes, der rund 1.800 Unternehmen der deutschen Versorgungswirtschaft vertritt. "Aber noch fehlt offenbar die Kraft für konkretes Handeln." Aus Sicht des BDEW muss die Bundesregierung vier Maßnahmen zur Gestaltung der Energiewende noch in dieser Legislaturperiode, also bis September kommenden Jahres, angehen. Erstens müsse die Festlegung eines gemeinsamen Ausbaukorridors für Erneuerbare Energien zwischen Bund und Ländern konkret werden. Es bedürfe klarer Zahlen sowie der entsprechenden Beschlüsse in den Bundesländern, um deren Ziele anzupassen. "Dazu gehört Mut", betonte Müller in der "Welt": "Alles andere aber wäre Torheit." "Zweitens: Bundestag und Bundesrat müssen die Verabschiedung des Netzentwicklungsplans zügig absichern", heißt es im Forderungskatalog der BDEW-Chefin weiter. "Der Ausbau der Netze ist eine bestimmende Determinante. Damit die Grundlagen für den weiteren Umbau der Energieversorgung nicht verrutschen, bedarf es hier einer ersten abgestimmten Planungsgrundlage." Drittens müsse die Versorgungssicherheit für die kommenden Jahre stabilisiert werden. "Die Situation ist angespannt, das ist mittlerweile allgemein anerkannt", schreibt Müller: "Wichtige Kraftwerke sind zunehmend nicht mehr im Geld." Viertens müssten sich Bund und Länder noch vor der Bundestagswahl im Herbst kommenden Jahres zu einer konzertierten Aktion für das energetische Gebäudesanierungsprogramm zusammenfinden. "Seit einem Jahr hängt das Thema im Vermittlungsausschuss ohne Ergebnis fest", kritisierte Müller die Blockade des Programms durch die Länder: "Ein endgültiges Scheitern wäre ein Armutszeugnis für die Politik und ein herber Rückschlag für die Energiewende." Neben der Umsetzung dieser vier Erfordernisse gebe es auch Dinge, die man nicht brauche, schrieb Müller an die Adresse der Ministerpräsidenten: "Föderalistisches Gezänk, das Handeln verhindert."
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